Aufruf: Spenden für Prozesskosten Valentin Abgottspon

Nun, es ging leider schneller, als ich persönlich mir das vorgestellt hatte. Der von der Rechtsschutzversicherung garantierte Betrag wird demnächst aufgebraucht sein. Daher hier (und an anderen Stellen) der Aufruf, sich durch Spenden an der Finanzierung der Prozesskosten zu beteiligen.

Ich verfasse hier einen etwas auführlicherer Artikel mit einigen Fakten und Erwägungen zum Fall.

Die Freidenker-Vereinigung der Schweiz wird mich betreffend der anfallenden Prozesskosten unterstützen.

Prozessunterstützung für Valentin Abgottspon!

Seit Ende Februar liegt der Fall Abgottspon zur Beurteilung bei der Walliser Regierung, die Verhandlung ist nicht absehbar. Da diese Verzögerung die Stellensuche von Valentin Abgottspon belastet, hat er nun Rechtsverweigerungsbeschwerde beim Kantonsgericht eingereicht.

Mittlerweile sind mehrere Tausen Franken an Prozesskosten angefallen – die Garantie der Rechtsschutzversicherung ist demnächst aufgebraucht. Die FVS unterstützt diesen Prozess.

Für die Deckung der Kosten bitten wir um Ihre Unterstützung:

Postkonto 84-4452-6
IBAN CH7909000000840044526
BIC: POFICHBEXXX
Kontoinhaber: Freidenker-Vereinigung der Schweiz, Postfach, 3001 Bern
Vermerk: Valentin

Oder via





Was ist geschehen?

Bundesgerichtsurteil 1990

Es mag nicht allen Leuten bekannt sein, daher hier ein kurzer Abriss der Geschehnisse. In der Schweiz besteht seit einem Entscheid des Bundesgerichts aus dem Jahre 1990 eine besondere Pflicht des Staates (z.B. an staatlichen Schulen), religiöse Neutralität spätestens auf Verlangen herzustellen. Auf Verlangen muss also ohne jedes Aufheben ein allfällig vorhandenes Kruzifix aus Schulräumlichkeiten entfernt werden.

Lehrer an der Orientierungsschule Stalden

Im Oktober 2006 bin ich in Stalden an der Orientierungsschule (Sekundarstufe I, Schuljahre 7 bis 9) in einem 100%-Pensum in den Schuldienst eingetreten. Für eine Lehrperson, welche aus gesundheitlichen Gründen nicht weiter im Lehrberuf verbleiben konnte, musste zügig ein Ersatz gefunden werden. Ich war damals Student der Germanistik und Philosophie an der Universität Freiburg im Üechtland, mit dem Ziel, Gymnasiallehrer für diese beiden Fächer zu werden. Nach kurzem Nachdenken sagte ich der Schulpräsidentin und der Schulleitung zu, legte mein Studium also vorerst auf Eis, um der Schule meiner Region in einer schwierigen Situation aus der Patsche zu helfen. Auch während der Schuljahre 2007/08 und 2008/09 war ich in Vollzeitanstellung beschäftigt.
Im Jahr 2009/2010 und 2010/2011 war ich zu jeweils etwa 75% teilzeitangestellt, um mich dem Weiterstudium widmen zu können.

Ende 2009 oder anfangs 2010 (genau habe ich mir das nicht notiert) entfernte ich das Kruzifix aus meinem Schulzimmer, teilte dies anlässlich einer Plenarsitzung des Lehrkörpers auch der Schulleitung mit. Dass ich eine säkulare Einstellung vertrete, war den meisten meiner Lehrerkollegen schon damals bekannt. Es wurde anstandslos anerkannt, dass ich kein Kruzifix in meinem Schulzimmer haben wollte, das corpus christi (sive delicti) wurde in einem Schrank im Lehrerzimmer gelagert.

Gründung der Sektion Wallis der Freidenker-Vereinigung der Schweiz

Anfangs Mai 2010 wurde in Visp die Walliser Sektion der Freidenker-Vereinigung der Schweiz gegründet. Ich wurde deren Präsident. In den Medien war ein kurzes Aufflackern des Interesses an Themen wie Religion in der Gesellschaft, Ethik ohne Religion, Toleranz gegenüber Minderheiten etc. zu beobachten.

Gespräch mit Vertretern der Dienststelle für Unterrichtswesen

Am 11. August fand ein Gespräch zwischen mir, Marcel Blumenthal (Adjunkt der Dienststelle für Unterrichtswesen) und Peter Margelist (Jurist) statt. Ein recht ausfühliches Protokoll habe ich auf der Webseite der Walliser Sektion zur Verfügung gestellt.

Es ging mitnichten primär um Kruzifixe oder andere religiöse Symbole an staatlichen Schulen, sondern vorwiegend um die Organisation von konfessionellen Ritualen wärhend der Schulzeit, Besuch von Gottesdiensten, Aufsichtspflicht von Lehrpersonen während diesen religiösen Feiern u.Ä. Es wurde immer wieder darauf verwiesen, dass im Artikel 3 des Unterrichtsgesetzes stehe, dass es die Aufgabe der staatlichen Schule sei den Schüler:

[…] auf seine Aufgabe als Mensch und Christ vorzubereiten.

[Hervorhebung durch mich, V.A.]

Dieser Passus ist freilich verfassungswidrig, aber das schien und scheint einen Juristen wie Peter Margelist und auch andere Politiker sowie Beamte nicht zu kümmern.

Da es doch von Belang ist, schildere ich trotzdem, wie das Thema Kruzifixe/Kreuze bei dem Gespräch thematisiert wurde: Ich fragte Marcel Blumenthal, ob denn die Schulleitungen und Schulkommissionen angemessen instruiert (oder informiert) seien, dass sie auf Verlangen religiöse Symbole aus den Schulräumlichkeiten umgehend zu entfernen hätten. Seine Antwort darauf lautete, dass ja beim Thema Schulleitungen eh alles auf eine Professionalisierung hinauslaufe und dass sich die Betreffenden schon angemessen verhalten würden. Später stellte sich dann heraus, dass diese optimistische Einschätzung des Adjunkts eine krasse Fehleinschätzung war.

Ich hatte im Brief und auch zu Beginn des Gespräches klargemacht, dass ich das Gespräch als Präsident der Sektion Wallis der Freidenker führe, nicht als Lehrer der OS Stalden. Trotzdem erhielt ich am Schluss des Gesprächs den Hinweis, dass überprüft werden solle, ob ich denn den Artikel 3 des Unterrichtsgesetzes überhaupt zu erfüllen vermöge. Ich war mir damals (zu Ende des Gesprächs) noch nicht ganz im Klaren darüber, dass es sich bei dieser Ankündigung wohl eigentlich um eine Drohung und ein Schweigegebot handelte.

Ich war und bin (das darf ich einfach mal so behaupten) ein angesehener, engagierter und guter Lehrer. Aber meine Schüler auf ihre Aufgabe als Christen vorbereiten? Das lag und liegt mir nun doch ziemlich fern. Ich war der Meinung, dass meine Schulleitung das halt auch ruhig so kommentieren durfte: «Ja, Herr Abgottspon erledigt seine Aufgabe als Lehrer vorbildlich (dies wird durch Arbeitszeugnisse übrigens auch belegt), aber er hält seine Schülerinnen und Schüler nicht dazu an, Christen zu werden».

Eine Nebenbemerkung sei erlaubt: Wenn man diesen Passus im Unterrichtsgesetz ernst nehmen würde, so wäre z.B. ein jüdisch-orthodoxer Lehrer in Saxon verflichtet, den Sohn von Eltern mit muslimischem Glauben auf seine Aufgabe als Christ vorzubereiten… Willkommen in Abdera!

Korrespondenz mit der Schulleitung und Schulbehörde

Um es meiner Schulleitung einfach zu machen «… aber als Christ erzieht er sie sicherlich nicht …» oder Ähnliches zu formulieren, habe ich einen klärenden Brief an die Schulleitung gesandt.

In diesem stehen drei Hauptforderungen:

1) Das Kruzifix im Mittagsstudiumszimmer sowie im Lehrerzimmer wird entfernt.
2) Ich werde im Schuljahr 2010/11 an keinen konfessionellen, religiösen Feiern teilnehmen (Gottesdienste).
3) Ich will als Klassenlehrer nicht bestimmen müssen, welche meiner Schüler bei den Gottesdiensten Lektoren und Messdiener sein sollen, da dies nicht die Aufgabe eines Lehrers an einer staatlichen Schule sein kann.

Es erreichte mich dann ein Brief, welcher von sämtlichen Gemeindepräsidenten der Schulregion und fast allen Mitgliedern der Schulkommission unterzeichnet war. Die einzige Ausnahme bildete der römisch-katholische Priester. Der hat nicht unterschrieben, obwohl er von Amtes wegen Mitglied der Schulkommission ist. Im Brief werden sieben Forderungen an mich gestellt.

Ich habe dann in einem Brief Stellung bezogen zu diesen Forderungen beziehungsweise Anschuldigungen. Ich habe auch gefordert, dass mir die Schulkommission, falls sie weiterhin darauf bestehen sollte, dass ich auf meine Grundrechte verzichte, mir eine beschwerdefähige Anordnung zukommen lassen solle.

Bis zu den Herbstferien wurde übrigens zwei Mal entgegen meinem dann doch klaren Wunsch über Nacht ein Kruzifix in meinem Schulzimmer über der Wandtafel angebracht. Beide Male habe ich es vor Schulbeginn heruntergenommen und in einem Schrank verstaut.

Statt einer beschwerdefähigen Anordnung wurde mir jedoch dann am 8. Oktober 2010, 30 Minuten vor Beginn der Herbstferien, die fristlose Kündigung ausgehändigt.

Diese skandalöse Handlungsweise ist eine beispiellose Machtdemonstration, es ist insgesamt zudem auch schade, dass damit das Wallis schweizweit wieder mal als Kanton der Hinterwäldlern, Konservativen, religiösen Fanatikern präsentiert wurde. Schade. Denn das Wallis ist sicherlich offener, als sich das die einheimischen Politiker so denken. Gerade die kommende Generation foutiert sich recht deutlich um die Vorgaben der katholischen Kirche und lebt freier als es die Pfaffen gerne hätten.

Wie gelangte die Sache an die Öffentlichkeit?

Im Zuge der Sektionsgründung wurde über Religiosität, Laizität, Freidenker etc. in den Oberwalliser Medien breit berichtet, das Thema der Schule blieb aber weitgehend ausgeklammert.

Fakt ist, dass wir uns bei der Gründung der Sektion gerade vom Negativthema des Kruzifixes in Schulräumen, Parlamentsgebäuden, Gerichtssälen, Amtsstuben etc. fernhalten wollten. Wir wollten positiv auftreten und FÜR unsere Überzeugungen eintreten und nicht primär GEGEN etwas antreten. Wir (der designierte Vorstand und weitere Mitglieder) haben uns darauf verständigt, dass wir nicht etwa mit «Kruzifixe raus aus den Gerichtssälen!» oder anderen von einer Mehrzahl der Walliser als negativ aufgefassten Forderungen auffallen wollten. (Nebenbei: Es ist übrigens tatsächlich so, dass im Wallis die Herstellung von Neutralität als eine Art Akt der Intoleranz gegenüber der vermeintlich herrschenden katholischen Ideologie angesehen wird.)

Unsere drei Hauptthemen lauten:

    1. Herstellung von Transparenz in Sachen Kirchenfinanzierung

Das Kirchensteuersystem im Wallis ist tatsächlich ziemlich einzigartig, ganz grundsätzlich genügt es wohl nicht bundesverfassungsmässigen Vorgaben und im Detail haben wir in einem Jahr Interessenvertretung der Konfessionsfreien viele kleine Skandälchen erleben müssen.

    2. Einforderung von mehr Neutralität an den staatlichen Schulen

Dabei haben wir uns vor allem darauf konzentriert Priesterbesuche, Gottesdienste, Vorbereitung von Konfirmation und Erstkommuniun ausserhalb der Religionsstunden etc. zu hinterfragen.

    3. Mitgliederdienst, Öffentlichkeitsarbeit, Rituale

Wir wollen für unsere Mitglieder und die Gesellschaft Gefässe für Begegnungen schaffen, es soll auch Heranwachsenden klar werden, dass ein erfülltes und ethisches Leben ohne religiöse Dogmen möglich ist. Wer nicht glaubt, ist auch nicht alleine.

Das ist natürlich nicht einfach nur eine kommunikative Strategie, es ist tatsächlich so, dass sich die Freidenker nicht GEGEN etwas stemmen, sondern FÜR etwas einstehen und kämpfen. Zum Beispiel für den Wert der Neutralität des Staates in religiösen Belangen (Laizität), welcher es möglich macht, Toleranz in einem Staastsystem zu leben, in dem eben nicht alle Menschen dassselbe oder überhaupt ein religiöses Bekenntnis haben. Für Humanismus, für ein ethisches Handeln ohne Bezüge auf heilige Schriften. Für ein wissenschaftliches Weltbild, ohne Rückgriffe auf nicht Beweisbares, Übersinnliches u.Ä.

Meine Fragen und Forderungen betreffend religiöser Neutralität der staatlichen Schule ans grelle Licht der Medien gezerrt hat Egon Furrer, Gemeindepräsident Stalden und Grosser Rat des Kantons (Grossrat: kantonale Legislative), indem er eine Anfrage an den Staatsrat (kantonale Exekutive) Claude Roch stellte. Die Diskussion nach Stalden und von dort aus in die Oberwalliser und schliesslich die nationalen Medien hat Egon Furrer getragen. Vorher waren diese Fragen einfach Gegenstand eines Briefwechsels zwischen Schulbehörde/Schulleitung und mir.

Wieso sollte man sich für Laizität einsetzen?

Es ist eine meiner tiefsten Überzeugungen, dass es ein hoher Wert eines demokratischen Staatswesens ist, auch Minderheiten zu schützen. Zudem ist es meine Überzeugung, dass sich ein Staatswesen in religiösen Belangen möglichst neutral zu verhalten hat. Der Staat hat sich besonders in den öffentlichen Schulen an diese Neutralitätsplicht zu halten. Wenn er für eine Religion oder Konfession Partei nimmt, dann schliesst er damit immer auch die anderen Gruppierungen aus und diskriminiert diese somit. Der Staat soll jedoch auch gegenüber religiösen Gruppierungen die Einhaltung der Menschenrechte durchsetzen (Frauendiskriminierung, Verstümmelung von Genitalien…).

Gerade aktuell scheint es einen politischen Trend in der Schweiz und Europa zu geben, sich irgendwelcher abendländisch-christlicher Wurzeln zu besinnen. Viele dieser verunsicherten Leute vergessen wohl, dass es sich bei den Grundwerten, welche wir geniessen, um Werte der Aufklärung handelt. Also Werte, die grösstenteils GEGEN die Kirchen und Religionsgemeinschaften erstritten werden mussten.

Ganz grundsätzlich mag ich es (als mit Sprache sich befassender Mensch) nicht allzu sehr, wenn man «christlich» sagt, und damit «solidarisch, demokratisch, gerecht» etc. meint. Wenn man von Solidarität, Demokratie und Gerechtigkeit sprechen will, dann sage man doch bitte: –– «Solidarität, Demokratie, Gerechtigkeit». So viel Genauigkeit sollte dann schon sein.

Zudem: Es ist die Aufgabe von uns Freidenkern, den teils etwas verängstigten und aufgebrachten (z.B. durch mancherlei Populismus) Staatsbürgern immer wieder nahe zu bringen, dass die Antwort auf Herausforderungen z.B. durch einen politisierten, fundamentalistischen Islam nicht etwa das Wiedererstarken des Christentums in Europa sein kann und sein soll. Die Antwort auf solche Herausforderungen ist die Laizität, ist die Neutralität des Staates in religiösen Belangen. Die Antwort ist der Einsatz für die Menschenrechte, für die Grundrechte eines jeden Menschen, unabhängig von ihrem religiösen (Nicht-)Bekenntnis, ihrer sozialen oder ökonomischen Stellung und ihrem Geschlecht.

Juristisch-politisches Geplänkel

Nun, eigentlich müsste ich ein Buch schreiben über den ganzen Fall…
In aller Kürze hier eine Zusammenfassung:
Ich habe am Montag nach der Kündigung (erster Tag der Herbstferien) einen Anwalt gefunden. Unverzüglich haben wir Beschwerde eingereicht, in der Hoffnung, dass ich nach den Herbstferien weiter unterrichten könnte. Claude Roch, der Erziehungsdirektor hat die Kündigung jedoch gutgeheissen. In der Kündigung stand auch, dass einer allfälligen Beschwerde ihre aufschiebende Wirkung vorsorglich entzogen sei.
Wir gelangten daraufhin ans Kantonsgericht mit der Forderung, dass die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen die fristlose Kündigung wiederherzustellen sei, so dass ich während des ordentlichen Prozesses im Unterricht tätig sein könnte. Das Kantonsgericht hat dann nach einiger Zeit festgestellt, dass ich während des Prozesses kein Anrecht hätte, weiter beschäftigt zu sein.
Mein Anwalt und ich haben dann beschlossen, mit diesem Teilurteil nicht vor Bundesgericht zu ziehen, immer auch im Bestreben, dass möglichst bald ein Urteil in der Sache selbst gefällt würde. Zu diesem Entscheid finden sich auch ein paar Erwägungen in einer Pressemitteilung.

Skandalöses Gebaren des Staatsrates

Über die Frage, ob es sich bei der fristlosen Kündigung um eine missbräuchliche Kündigung handelte, ist also noch nicht entschieden worden. Der Fall liegt noch nicht einmal bei einem Gericht, sondern liegt noch bei der Exekutive des Kantons Wallis, also bei einer politischen Behörde, keiner juristischen. Der Staatsrat lässt sich sehr viel Zeit mit dem Entscheid.

Staatsrat Roch, der übrigens auch für das lächerliche Tipp-Ex-Gate (aus einem Lebenskundelehrmittel sollten die Lehrpersonen Links auf Aufklärungsseiten mit Tipp-Ex unkenntlich machen) verantwortlich zeichnet, hat sich mehrmals befangen und desinformiert gezeigt und geäussert. Näheres dazu z.B. hier und hier.

Staatsrat Cina hat sich befangen gezeigt. Und wie so oft zudem auch nicht allzu geschickt. Hier der Beleg.

Aus solchen und weiteren Gründen haben wir bei der Eingabe beim Staatsrat direkt verlangt, dass der Gesamtstaatsrat umgehend in den Ausstand trete und das Dossier zur sachgemässen, juristischen Beurteilung an das Kantonsgericht weiterleitet. Mein Anwalt hat mehrere Male nachgefragt, wann mit einem Entscheid zu rechnen sei, und ob der Gesamtstaatsrat nun dem Ausstandsbegehren stattgebe oder nicht. Auf diese Anfragen wurde jeweils kein Datum genannt, an dem mit einem Entscheid zu rechnen sei. Bei uns entstand wiederum der Eindruck, dass die Sache wohl auf die lange Bank geschoben werden sollte.

Echt skandalös finde ich das beigefügte Schreiben:

Schreiben des Staatsratesgeschwärzt

Ich nehme Bezug auf Ihr Schreiben vom 26. April 2011 und muss Ihnen mitteilen, dass ich nicht in der Lage bin, Ihnen mitzuteilen, wann der Staatsrat das Dossier zu behandeln gedenkt. Es wird Ihnen wohl nichts anderes übrig bleiben, als eine Rechtsverweigerungsbeschwerde beim Kantonsgericht zu hinterlegen, was das Verfahren jedoch nicht gerade beschleunigen wird.

Die Antwort des Juristen ist in mehrerer Hinsicht echt skandalös (jaja, ich weiss, ich verwende das Adjektiv fast schon inflationär, aber es fällt mir bei solchen Vorkommnissen halt auch immer wieder ein…). Eigentlich hätte der betreffende Jurist (wie Egon Furrer) wohl auch einen Prix Blamage redlich verdient.

Erstens ist es wohl nicht vermessen, wenn man nach nahezu drei Monaten gerne einen Termin hätte, für welchen man mit einem Entscheid rechnen könnte.

Zweitens ist das dann doch recht schnoddrig und kaltschnäuzig fomruliert.

Drittens – und das ist für mich derart SKANDALÖS, dass ich das gar in Kapitalen schreibe – scheint sich da der Staatsrat eine (zu dem Zeitpunkt noch gar nicht hinterlegte) Rechtsverweigerungsbeschwerde als Vorwand herzunehmen, um weiterhin nichts zu tun. Ich habe von Juristen aus anderen Kantonen bestätigt erhalten, dass die Stelle, welche durch eine Rechtsverzögerungsbeschwerde zum Vorwärtsmachen angehalten wird, oftmals die Rechtsverzögerungsbeschwerde dadurch gegenstandslos werden lässt, dass sie den Entscheid dann doch noch in einer einigermassen angemessenen Frist ausfällt.
Um das Mal ganz einfach zu schildern, wie das der Staatsrat und dessen juristische Abteilung zu sehen scheint: Es könnte ja gewesen sein, dass zum Beispiel für den, sagenwirmal, 30. April 2011 anslässlich einer Sitzung des Staatsrates der Entscheid in meinem Fall angesetzt gewesen wäre (bei etwa 3 Monaten Entscheidungsdauer…). Jetzt hat aber der Jurist vernommen, dass der Anwalt und ich nach mehrmaligem Nachfragen sich wohl überlegen müssen, eine Rechtsverweigerungs- und Rechtsverzögerungsbeschwerde einzureichen. Was tut dann also der Staatsrat? Der denkt sich: Aha! Dann verschieben wir also den Entscheid, warten wir also, bis wir allenfalls vom Kantonsgericht dazu angehalten werden, vorwärts zu machen. Aber jetzt sitzen wir das mal ruhig aus. Damit hat im Wallis also zumindest in meinem Fall eine Rechtsverweigerungs- und Rechtsverzögerungsbeschwerde genau die gegenteilige Wirkung, zumindest nicht die intendierte. Was für eine jämmerliche Einstellung bezeugt es denn, das man eine Beschwerde bezüglich Tempo hernimmt als Vorwand, um die Geschwindigkeit des Prozesses auf null zu setzen? Was hindert denn die Behörde, genau gleich weiterzufahren (wenn nicht gar mit Hochdruck, d.h. schneller)? Zumindest dürfte eine derartige Beschwerde die Behandlung des Anliegens nicht verlangsamen, was der Jurist mit seinem

was das Verfahren jedoch nicht gerade beschleunigen wird.

jedoch klar zum Ausdruck bringt. Ich denke nicht, dass das Adjektiv «jämmerlich», das ich oben verwende, unangemessen ist. Ich lasse das so stehen.

Gutachten von Prof. Schefer

Prof. Dr. Markus Schefer (Ordinarius für Staats- und Verwaltungsrecht, Universität Basel) und sein Assistent Alexander Suter haben ein Gutachten zu meinem Fall verfasst. Es ist zwar recht ausführlich, aber es ist in einer auch für juristische Laien gut lesbaren Sprache abgefasst und handelt nicht ausschliesslich von meinem Fall, sondern spricht sich auch über allgemeine Grundlagen, Sorgfalts- und Treuepflicht etc. aus.

Eine der zahlreichen schönen Stellen steht auf Seite 34:

Wird das Ansehen der Schule aber dadurch in Frage gestellt, dass auf verfassungswidrige Praktiken der Schulbehörden hingewiesen wird, liegt das rechtmässige Mittel zum Schutz des Ansehens nicht in der Einschränkung entsprechender öffentlicher Äusserungen, sondern in der Herstellung verfassungskonformer Zustände.

Dem ist fast nichts mehr hinzuzufügen.

Spenden für die Prozesskosten

Die Spenden werden einzig für die anfallenden Prozesskosten aufgewendet werden. Bis anhin hat der Prozess bereits mehrere Tausende Franken gekostet. Es ist natürlich ziemlich stossend und asymmetrisch, dass Egon Furrer und Konsorten sich einfach in der Steuergelderschatulle bedienen können und auch wenn sie dann den Prozess verlieren nicht persönlich zur Kasse gebeten werden. Es ist eine nicht unbeträchtliche Ungerechtigkeit, dass ich mich selber organisieren muss, auf die Unterstützung von Vereinigungen und Spendern angewiesen bin, während die Behörden einfach auf Zeit spielen können. Das Geld für Anwaltskosten wird denen ja eigentlich niemals ausgehen…

Insgesamt bleibt zu hoffen, dass niemals Realität wird, was ich neulich ins Twitter-Universum hinaussandte, dass nämlich in 10 Jahren im Staatskundeunterricht folgendes gelehrt werden muss:

Politische Gliederung der Schweiz: Die Schweiz besteht aus 25 Kantonen und dem Vatikanton Wallis.

Über Valentin Abgottspon

Philosoph, Germanist, Lehrer. Wurde am 8. Oktober 2010, nachdem er sich für säkulare staatliche Schulen auch im katholisch geprägten Wallis einsetzte, und sich z.B. weigerte, ein Kruzifix in seinem Schulzimmer zu akzeptieren, fristlos entlassen.
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